Ein alter Traum der Menschheit könnte bald Wirklichkeit werden: ein Wochenende im All, Urlaub in der Umlaufbahn. Firmen in der Alten und Neuen Welt entwickeln zurzeit Raumschiffe, in denen jedermann von oben auf seinen Heimatplaneten wird hinabschauen können.
Es ist nur noch eine Frage der Zeit: Schon bald werden normalverdienende Privatpassagiere eine Reise ins Weltall buchen können. Weltweit haben sich 80.000 Interessierte auf die Warteliste setzen lassen.
Es begann im Sommer 2004: Das Raumschiff "SpaceShipOne" macht seinem Namen Ehre und erreicht als erstes privates Raumschiff die Grenze zum Weltraum, die nach internationalen Regeln bei 100 Kilometern Höhe liegt.
Dreimal steuert Pilot Mike Melville das wacklige Fluggerät ins All und zurück und landet mit ihm beim Örtchen Mojave in der kalifornischen Mojave-Wüste wie mit einem Flugzeug. Den ersten Teil der Reise bestritt dabei ein "weißer Ritter", ein Flugzeug mit dem Namen "WhiteKnight", das das kleinere Raumschiff huckepack auf etwa 14 Kilometer Höhe trug, von wo aus seine Triebwerke es ins Weltall getragen haben.
Weltraum-Pionier Richard Branson schaut aus dem Cockpit eines Modells des "SpaceShipTwo"
Die nächste Generation
Heute hängt SpaceShipOne als Ausstellungsstück im National Air and Space Museum in Washington, D.C. – in acht Jahren vom Pionier zum Ausstellungsstück. Seitdem war es still geworden um "SpaceShipOne", doch hinter den Kulissen hat die britische Raumfahrtfirma Virgin Galactic das Raumschiff zu "SpaceShipTwo" weiterentwickelt.
Auch das Trägerflugzeug ist nun größer und heißt "WhiteKnightTwo". Es wird "SpaceShipTwo" auf eine Höhe von 15 Kilometer bringen. Dort wird es losgelassen, gleitet kurz und zündet dann seine Triebwerke, die es mit etwa dreifacher Schallgeschwindigkeit 100 Kilometer in die Höhe schießen sollen.
Raumschiff für sechs Passagiere
Im All angekommen, hat "SpaceShipTwo" all seinen Treibstoff verbraucht. Es beschreibt eine Parabel, an deren höchsten Punkt für drei bis fünf Minuten Schwerelosigkeit herrscht, da sich die Fliehkräfte des Raumschiffs und die Erdanziehungskraft aufheben. Letztlich überwiegt diese jedoch, und das Vehikel fällt zurück auf die Erde. Der Pilot muss den Flug dabei so lenken, dass das Raumschiff wieder am Startplatz aufsetzt.
Der Erfolg von "SpaceShipOne" hatte den britischen Unternehmer Richard Branson beflügelt, mit Virgin Galactic einen neuen Zweig des Virgin-Konzerns zu gründen. Der Erbauer von "SpaceShipOne", Burt Rutan mit seiner Firma Scaled Composites, wurde beauftragt, das Raumschiff weiterzuentwickeln. Das heißt vor allem: es größer zu machen und für sechs Passagiere auszulegen.
Auch der "Weiße Ritter" wurde entsprechend vergrößert, um das schwerere "SpaceShipTwo" auf seine Ausgangshöhe tragen zu können. Am Flugprinzip und an der Technik hat sich jedoch nichts Grundlegendes geändert. "Dies ist das erste Mal, dass ein geflügeltes Vehikel einen sicheren Wiedereintritt absolvieren kann", sagt Entwickler Rutan.
Vom Spaceport America werden neben den Flügen des Unternehmens Virgin Galactic weitere Flugobjekte starten, unter anderem die Höhenforschungsrakete SpaceLoft der Firma UP Aerospace.
Der Blick von oben auf den zukünftigen Start- und Landepunkt von Raumflugzeugen.
Mehr Sicherheit
Dies bedeute ein großes Plus für die Sicherheit. Denn Reibungshitze beim Wiedereintritt in die Atmosphäre – ein ständiges Problem für die Space-Shuttles – entsteht bei der Rückkehr von "SpaceShipTwo" nicht. Dazu steigt das Fluggerät nicht hoch genug, ist nicht so schnell und hält sich beim Fall zurück nicht lange genug in den untersten, reibungsintensiven Schichten der Atmosphäre auf.
Die Flugsicherheit steht auch für den Betreiber an erster Stelle. "Wir haben jetzt einen viel größeren 'Weißen Ritter'", so Alex Tai, der Chief Operating Officer von Virgin Galactic. Das neue Trägerflugzeug hat eine größere Flügelspannweite als eine Boeing 757.
"Wir haben es mit den gleichen Sicherheitsvorkehrungen gebaut, die wir für kommerzielle Flugzeuge anlegen", so Tai. Zur Virgin-Gruppe gehören fünf Fluglinien, die jährlich 50 Millionen Menschen um die Welt befördert. "Daraus haben wir viel gelernt. Es wäre kriminell, wenn wir uns einen Unfall erlauben würden."
Das Trägerflugzeug "White Night Two" hat die ersten Testflüge bereits im Dezember 2008 erfolgreich bestanden.
200.000 Dollar für fünf Minuten All
Was nach einem sicheren Projekt klingt, hat auch schon für einen entsprechenden Kundenansturm gesorgt. Rund 200 Weltraumtouristen haben sich bereits für Flüge mit "SpaceShipTwo" angemeldet und eine Anzahlung geleistet. Der Preis für fünf Minuten Schwerelosigkeit soll dann 200.000 Dollar betragen.
Dabei soll es jedoch nicht lange bleiben, orakelt Richard Branson, der Chef Virgin-Gruppe. "Wenn wir verraten würden, bei welcher Höhe der endgültige Preis liegen wird, würde niemand die 200.000 Dollar bezahlen", so seine schelmische Argumentation.
"Wir haben einige fantastische Kunden, die die Pionierarbeit leisten: erfolgreiche Geschäftsleute, Regisseure und Schauspieler wie Brad Pitt oder Victoria Principal", sagt Branson. Sie alle zahlen die vollen 200.000 Dollar. "Dies wird uns ermöglichen, den Preis mit der Zeit zu senken, so dass Tausende von Menschen ins All fliegen können, nicht nur einige wenige Privilegierte", so der Unternehmer.
Das Dreiergespann: In der Mitte befindet sich die Rakete, die vom Trägerflugzeug auf Starthöhe gebracht wird. Nach dem Launch der Rakte fliegt das Trägerflugzeug "allein" zurück zur Erde.
Rund 80.000 Interessenten weltweit
Es gibt jedoch Spekulationen über den endgültigen Flugpreis und damit über den Zeitpunkt, wann Weltraumtourismus wirklich massentauglich wirkt. Eine kommt von Dennis Tito, dem ersten Weltraumtouristen, der 2001 für 20 Millionen Dollar mit den Russen zur Internationalen Raumstation geflogen ist. Er glaubt, dass sich der Preis am Ende wohl zwischen 5000 und 10.000 Dollar einpendeln werde. "Und ich denke, dass es eine Menge Menschen geben wird, die bereit sind, diese Summe zu zahlen". Das bleibt für die Firma Virgin Galactic zu hoffen, die immerhin mehr als 150 Millionen Euro in die Entwicklung von "SpaceShipTwo" gesteckt hat.
Zwischen Virgin Galactic und deutschen Interessierten vermittelt das Münchner Reisebüro "Designreisen". Doch hier sind die Geschäfte rückläufig: Die meisten Kunden haben vor Einsetzen der Finanzkrise gebucht, nun "ist der Markt leider etwas zurückgegangen", klagt Reisevermittler Christoph Berner. Derzeit gibt es etwa 500 deutsche Interessierte, die aber noch nicht verbindlich gebucht haben.
So wird der Flug ins All ablaufen: Das Trägerflugzeug transportiert das Weltraumflugzeug auf 15 Kilometer Höhe. Hier wird per "Air Launch" die Rakete gezündet, die auf maximal 110 Kilometer Höhe fliegt. Auf dem Weg zurück zur Erde werden auf 21,5 Kilometer Höhe die Tragflächen wieder zurückgeklappt. Die Rakete gleitet dann zurück zur Erde.